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#1 Enders kämpft für Regionalbahnhalt Wümbach von hzol
17.07.2012 19:18

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Das Landratsamt des Ilm-Kreises klagt gegen den geplanten Wegfall des Regionalbahn-Halts Wümbach auf der neuen ICE-Strecke. Die Behörde befürchtet Fördermittel-Missbrauch.
Arnstadt/Wolfsberg - Das Landratsamt in Arnstadt hat beim Thüringer Oberverwaltungsgericht Klage gegen den Bund erhoben. Mit der 5. Planänderung der DB-Projektbau an der neuen ICE-Trasse im Ilm-Kreis sei der ursprünglich für Wümbach geplante Regional-Halt nicht mehr vorgesehen. Die Leiterin des Rechtsamtes des Ilm-Kreises, Christine Opel, sagte gestern, ein großer Mangel im Verfahren sei, "dass die Bahn nicht dargelegt habe, worauf die Änderungen basierten". Die Begründung zur Klage der Kreisbehörde soll laut Opel bis 25. Juli nachgereicht werden.
Gegenüber der Öffentlichkeit gab es aus der Kreisbehörde aber bereits gestern eine ausführliche Stellungnahme zu den Klagegründen. Landrätin Petra Enders erinnerte daran, dass die Bahn damals noch den Halt im Planfeststellungsbeschluss von 1996 für begründet erklärt hätte. Änderung und Wegfall jetzt, lediglich mit der Option, ihn nachrüsten zu können, entbehre jeder Grundlage. "Die ICE-Strecke führt zu erheblichen Eingriffen im Ilm-Kreis. Für uns ist es daher wichtig, wenigstens in einer Richtung davon zu profitieren. Das wäre der Interregio-Halt in Wümbach, wenn der ICE schon an der Region vorüber fährt", sagte Enders gestern und findet sich damit auch im Einklang mit der Gemeinde Wolfsberg und anderen Befürwortern des Halts, wie sie sagte. Wümbach befinde sich juristisch mit in der Streitgenossenschaft.
Strecken freitags überlastet
Die fachlichen Hintergründe der Klage erläuterte gestern Thomas Scheller, Sachgebietsleiter Wirtschaft/Infrastruktur in der Kreisbehörde. Er erinnerte daran, dass sich der Ilm-Kreis positiv zum ursprünglichen Planfeststellungsverfahren geäußert hatte, "in der Hoffnung auf den Halt in Wümbach. Jetzt aber haben sich die Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert, und das, obwohl der Ilm-Kreis der wirtschaftlich stärkste in Thüringen und nach Potsdam der zweitstärkste im Osten ist".
Scheller bemühte gestern Zahlen ausländischer Studenten ebenso wie die von Pendlern, was den Bedarf an Mobilität belegte. Demnach sei der Ilm-Kreis der Landkreis mit meistem Wanderungsgewinn Thüringens, aber dennoch auch mit vielen Pendlern. Von 13 039 im Jahr 2000 sei deren Zahl auf 23 773 (Ein- und Auspendler) zehn Jahr später gestiegen. Auch die Zahl ausländischer Touristen steige stetig, sagte Scheller, dazu gebe es steigende Übernachtungen. "Was uns ganz besonders ärgert", so der Abteilungsleiter, sei, dass die Bahn ganz einfach behaupte, für den Regionalbahn-Halt gebe es keinen Bedarf, "aber dazu wird nicht eine Zahl vorgelegt". 1996 noch seien laut Bahn die Voraussetzungen für den Halt erfüllt gewesen. Die Abkehr davon jetzt decke sich nicht mal mit aktuellen Gegebenheiten.
Wer freitags in die Züge schaue, wisse, dass die Strecken überlastet seien, doch so sei besser Geld zu verdienen, kritisiert Scheller die Abkehr der Bahn vom Wümbach-Halt. Er rechnet mit wenigstens 1 000 Fahrgästen dort an typischen Pendlertagen Freitag und Montag. Auch der Blick auf einsetzende Wohnungsnot und aus dem Raum Nürnberg/Erlangen erwartete Fachkräfte als Pendler lasse zunehmenden Bedarf erkennen. Arnstadt habe lediglich noch drei Prozent Wohnungsleerstand, in Ilmenau sei es ähnlich knapp. Auch der Raum Saalfeld/Rudolstadt/Königsee profitiere von dem Halt, denn diese Region werde mit Umverlegung der ICE-Strecke von der Saalebahn auf die neue Trasse vom ICE abgehängt.
Anbindung nach Coburg
Scheller sieht durchaus einen wichtigen Grund für die Streichung des Halts: "Die Bahn will Konkurrenz ausschalten", sagt er, denn Regionalbahnen könnten auch privat betrieben werden. Dass die Bahn, wie jetzt offengelassen, den Haltepunkt je tatsächlich als solchen nachrüste, bezweifelt Scheller: "Ein Fußgängertunnel wird nicht nachgerüstet werden, wenn der ICE hier erstmal rollt!" Weitere Kritik gilt der durch den wegfallenden Haltepunkt auch ausbleibenden Anbindung der Region Ilmenau an den Coburger Raum, so Scheller. Den Halt könnten gar Rad-Touristen nutzen, die in die Klassikerstadt Weimar wollten. Der jetzige Bau der Bahn sei zudem ein Schwarzbau, kritisierte der Sachgebietsleiter gestern.
ICE nützt Region nichts
Die Landrätin verwies darauf, dass das Vorhaben ein politisches Projekt im Zuge der Deutschen Einheit sei, da könne die Bahn "nicht einfach was weglassen". Zudem flössen EU-Fördermittel, aber nur für regionale Infrastruktur im ländlichen Raum. Wenn das Projekt dem nur vorbeirauschenden ICE gelte, nütze es der Region gar nichts, will die Kreisbehörde laut Enders auch prüfen lassen, ob Fördergelder hier zweckentfremdet eingesetzt werden.
Die Bahn habe den Wegfall des Halts damit begründet, dass kein Verkehr dafür bestellt und der Bedarf nicht gegeben sei, sagte gestern auf Anfrage die Sprecherin des Eisenbahnbundesamtes, Heike Schmidt. Die Bahn könne sich in diesem Punkt selbst korrigieren, da sie den Halt auch selbst beantragt habe. Zudem habe weder die Stadt Ilmenau, noch irgendein Bürger protestiert. Von der Bahn selbst war zu Hintergründen gestern nichts zu erfahren.