Zitat von Christian WernerNur eine Minute schneller, aber etwas die Umwelt geschont
Ilmkreis. Testfahrt: TA fuhr nach Streckensanierung wieder im Führerstand eines Zug zwischen Ilmenau und Plaue mit.
Jirka Hellmich sitzt, wie vor einem guten Jahr, entspannt und freundlich lächelnd im Führerstand eines Triebwagens am Ilmenauer Bahnhof. Es ist Mittwoch, 15.07 Uhr. In einer Minute fährt der Zug ab.
Aber etwas ist doch anders. Klar, Hellmich (42) ist seitdem ein Jahr älter geworden. "Ist das schon wieder ein Jahr her?". Er lacht und schüttelt den Kopf. Doch sein Alter ist es nicht.
15.08 Uhr, der Zug fährt an, es kommt die Durchsage: "Werte Fahrgäste, wir begrüßen Sie in der Südthüringenbahn." Hellmich bewegt seine Lippen nicht, die Ansage kommt vom Band. "Wir haben eine neue Software", sagt er. Das entlaste die Zugfahrer schon ein bisschen. "Man hat mehr Aufmerksamkeit für andere Dinge."
Die große Veränderung und der Grund für unsere Zugfahrt aber ist die Streckensanierung zwischen Ilmenau und Plaue. Ein Jahr hat sie gedauert, ein halbes Jahr länger als geplant.
Gras wächst nicht mehr auf dem Gleis
80 Kilometer pro Stunde ist die durchgängige Streckengeschwindigkeit. Nur drei Mal muss Hellmich - außer an Haltepunkten - abbremsen: An unbeschrankten Bahnübergängen in Ilmenau-Roda auf 20 Km/h, bei Martinroda auf 50 Km/h und auf Tempo 60 bei Plaue.
Wir fahren vorbei an der Autobrücke nach dem Ilmenauer Bahnhof, von der momentan nur zwei halbfertige Pfeiler zeugen. 19 Kilometer Streckenumbau sollen abgeschlossen sein? Hellmich zeigt auf die beiden Bahnübergänge, als wir in Elgersburg einfahren: "Hier wird noch gearbeitet."
Die restlichen Punkte auf der Mängelliste unserer Fahrt von vor einem Jahr sind abgehakt: Die Senke mitten im Gleisbett bei Martinroda ist weg, auf der langen Geraden vor Plaue ruckelt der Wagen nicht mehr hin und her. Gras wächst auch nicht mehr zwischen den Gleisen.
Die große Frage aber ist: Mit welcher Geschwindigkeit wird Hellmich die beiden grün-weißen Triebwagen über das Viadukt in Angelroda steuern? Auf unserer letzten Fahrt musste er laut Buchfahrplan auf 30 Km/h bremsen. Das war im Juli vergangenen Jahres, wenige Tage vor der Streckensanierung.
Die Felsen vor dem Viadukt schießt plötzlich in die Höhe, die neue Vernetzung ist bereits von Büschen und kleinen Bäumen überwuchert. Die Brücke schält sich aus der Kurve, die Spannung steigt.
Hellmich hält entspannt drauf zu. Die beiden je gut 40 Tonnen schweren Wagen rollen mit Tempo 80 über Angelroda. Fünf Sekunden in 25 Meter Höhe.
Die Streckengeschwindigkeit gilt seit dieser Woche auch auf dem denkmalgeschützten Bauwerk. Genauer: seit Montag, 8 Uhr. So steht es in der 34. Ausgabe des "La", die Abkürzung für die wöchentliche Aktualisierung des Buchfahrplans mit dem sperrigen Titel "Zusammenstellung der vorübergehenden Langsamfahrstrecken und andere Besonderheiten". Hellmich klemmt das dünne Heftchen wieder unter die Armatur.
Bis vergangenes Wochenende waren nur 50 Km/h auf dem Viadukt erlaubt. Direkt nach der Eröffnung am 11. August waren es 30 Km/h. Die Deutschen Bahn wollte die Brücke erst testen.
Die Gesamtfahrtzeit hat sich durch die schnellere Querung des Viadukts nicht wesentlich verkürzt: "Das geht es höchstens um eine Minute", sagt Hellmich. Mehr könne man auf der Strecke eh nicht herausholen, die Haltepunkte lägen einfach zu dicht beieinander. Ökologisch sei es aber eine Verbesserung: "Das Energie intensive Abbremsen und Anfahren vor der Brücke entfällt", sagt Hellmich.
Was man als Fahrgast nicht sieht: Die Strecke wurde von Bewuchs befreit, Kabelkanäle, Durchlässe und Entwässerungsgräben erneuert. In Martinroda ist das stillgelegte zweite Gleis entfernt worden.
Hellmich begann seine Lehre bei der Bahn 1987, seit neun Jahren fährt der Arnstädter die Strecke zwischen Plaue und Ilmenau. Das Jahr Baupause hatte fast keine Auswirkungen auf seinen Arbeitsalltag: "Das betraf bei uns nur den Wegfall einer Früh- und einer Spätschicht."
Mitteldeutsches Bahnforum
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01.09.2013 22:21
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